Herr Hager
Lehrer für Geschichte und Philosophie
 
 

Mittelalterliche Münzen (Reproduktionen im Unterricht)

Geld stinkt nicht, aber es redet!


Vorbemerkungen

Der Einsatz von Geld (v. a. Münzen) als Quelle im Unterricht erscheint mir aus mehreren Gründen gewinnbringend.

Die Überreste in Form von Reproduktionen (Replikaten) oder auch Originalen haben einen hohen Wiedererkennungswert. Kinder und jüngere Jugendliche zahlen häufig noch mit Bargeld und bekommen ihr Taschengeld meist noch in bar ausgezahlt. Dementsprechend sind sie mit dem Gegenstand an sich durchaus vertraut.

Geld in Form von Münzen ist handliches und handfestes Quellenmaterial. Es dürfte wenig Mühen bereiten es im Unterricht einzusetzen und in der Regeln wird es durch den Unterrichtseinsatz auch nicht sonderlich beansprucht. Es besteht also nicht die Gefahr, dass es kaputt geht. Bei Geldscheinen sieht das schon etwas anders aus, aber auch ihr Einsatz ist meiner Ansicht nach lohnend.

Auch wenn es sich um einen Alltagsgegenstand handelt, ist Geld nicht langweilig. Es übt durch das Material, aber auch durch seine Gestaltung eine gewisse Faszination aus. Manche Stücke sind so aufwendig gestaltet, dass man eine Unmenge von Informationen aus ihnen herauslesen kann, aber auch einfachere Stücke haben ihren Wert.

Schließlich können wir beim Thema Geld auf eine große Fülle von geschichtswissenschaftlicher Literatur zurückbgreifen, die Auskunft über viele Teilaspekte von der Herstellung bis zur historisch-politischen Bedeutung des Geldes gibt. Der bekannte Ausspruch "Über Geld spricht man nicht." trifft hier also nicht zu. 

Einleitung

An dieser Stelle möchte ich nun einige mittelalterliche Münzen vorstellen. Auch diese Stücke muss man natürlich nicht im Original besitzen, um sie im Unterricht einsetzen zu können. Auch diese Münzen können als Reproduktionen (Replikate) z. B. in Museumsläden oder auch online gekauft werden. Die britischen Firmen Westair Reproductions Ltd. und Dorchesters Reproduction Coins & Medals sind die wohl bekanntesten Hersteller dieser Stücke, die in Deutschland häufig von der Firma Museion Versand GmbH vertrieben werden. Die Produkte dieser Firmen kann man aber auch in anderen Onlineshops finden.

Manchmal findet man jedoch auch andere Anbieter. Prof. Dr. Leng und Prof. Dr. Herweg von der Universität Würzburg bieten selbstgefertigte Nachprägungen eines Denars Karls des Großen an, den man über diese Internetseite bestellen kann.  

Beispiel 1: Denar Karls des Großen, (vor 793/794) - WRL

Bild: kuenker.auex.de, Abbildung eines Originals

Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches (476) gab es in in den ehemaligen römischen Provinzen in West-, Süd- und Mitteleuropas kein einheitliches Münzwesen mehr. Die Herrscher der Nachfolgereiche prägten ihre eigenen Münzen, so z. B. auch die Herrscher des Frankenreichs.

Diese Silbermünze stammt aus der Zeit Karls des Großen (747/748-814), der ab 768 König des Fränkischen Reiches war und am 25. Dezember 800 in Rom vom Papst zum Kaiser (IMPERATOR AUGUSTUS) gekrönt wurde. Sie lässt sich auf die Zeit vor der Münzreform datieren.

Auf der Vorderseite der Münze kann man die Inschrift CAROLVS - also den Namen des Königs - lesen. Die Buchstaben A und R laufen ineinander (Ligatur).

Auf der Rückseite ist die Münzstätte verzeichnet: MEDOLUS. Dabei handelt es sich um den heutigen Ort Melle im Westen Frankreichs. Bereits seit der Römerzeit wurde dort Silbererz gefördert, das auch im Frühen Mittelalter noch für die Münzprägung genutzt wurde. Die bedeutung des Zeiches in der Mitte ist unklar.

Beispiel 2: Denar Karls des Großen (ab 793/794-814) - Leng/Herweg

Bild: geschichte.uni-wuerzburg.de

Aus dem Beiheft:
"Karl der Große schuf ein Währungssystem, das über das Mittelalter hinaus Gültigkeit besaß. Ab 793/794 ließ er neue Denare prägen. Das Münzbild wurde vereinheitlicht."

Hier handelt es sich um eine sehr hochwertige, handgeschlagene Replik aus 925er Silber, die von Prof. Dr. Leng und Prof. Dr. Herweg hergestellt wurde. Die Replik kann in unterschiedlichen Ausführungen über den o. g. Link bestellt werden.

Auf der Vorderseite der Silbermünzen befindet sich mittig ein Kreuz und folgende Inschrift:

CAROLVS REX FR(ANCORVM)

Karl, König der Franken

Auf der Rückseite ist der Prägeort DORESTADO (fränkische Handelssiedlung in Friesland, heute Wijk bij Duurstede in den Niederlanden) angegeben. Außerdem erkannt man das Monogramm des Königs, das aus den Buchstaben KAROLUS zusammengesetzt ist und das auch auf Urkunden zu finden ist.

Beispiel 3: Denar Ludwigs des Frommen (814-819) - WRL

Bild: kuenker.de, Abbildung eines Originals

Ludwig I. - genannt der Fromme - war ein Sohn Karls des Großen und dessen Nachfolger auf dem fränkischen Thron. Im Jahr 813 wurde er von seinem Vater in Aachen zum Mitkaiser gekrönt, wobei er bereits den Titel AVGVSTVS erhielt. Später (816) erfolgte auch die Salbung und die Wiederholung der Kaiserkrönung durch den Papst in Reims.
Ludwig führte die von seinem Vater begonnen Reformen in den Bereichen Bildung, Kunst und Verwaltung weiter (Karolingische Renaissance).

Die Vorderseite der Silbermünze zeit den Kopf Ludwigs, der einen Lorbeerkranz trägt (in der Reproduktion nur schwer zu erkennen). Die Inschrift lautet:

HLVDOVICVS AVG(VSTUS)

Ludwig der Erhabene

Auf der Rückseite sind in der Mitte Prägewerkzeuge (zwei Prägestempel und zwei Hämmer) zu erkennen. Die Inschrift gibt den Prägeort (METALLUM) an, wobei es sich wiederum um den Ort Melle im Westen Frankreichs handelt (s. o.)

Lektüretipp: s. v. Hammerprägung, in wikipedia.de

Beispiel 4: Pennig des Sihtric Seidenbart (999-1005) - DRC&M

Bild: dorchesters.com

Der Sohn eines Wikingerkönigs und einer Irin aus einer königlichen Dynastie regierte als König von Irland von 991/995 bis zu seiner Abdankung im Jahr 1036. Während seiner Herrschaft förderte Sihtric die Künste und richtete die erste Münzstätte Irlands in Dublin ein. Außerdem stiftete er Kirchen, z. B. die Christ Church Cathedral in Dublin) und pilgerte 1028 sogar nach Rom.

Die Vorderseite des Silberpfennigs zeigt das Portät des Königs. Er trägt einen Mantel und eine ungewönliche Frisur (Haarfärbung, Flechtfrisur?). In seinem Nacken ist eine kleine Kugel (Haarschmuck) zu erkennen. Die Inschrift lautet:

SIHTRC REX DYFLNIM

Sihtric König von Dublin

Auf der Rückseite befindet sich ein Kreuz, das bis an den Münzrand reicht. Die Kreuzarme enden halbmondförmig. In der Mitte es Kreuzes ist eine Perle zu sehen. Die Inschrift gibt den Namen des Münzmeisters an:

+BIRHTIOD MO RINI

Byrhtnoth von Winchester

Geprägt wurde die Münze in Dublin.
Diese Wikingermünze stellt eine seltende Besonderheit dar. Sie ahmt eine englische/angelsächsische Münze König Æthelreds II. nach. Die Inschrift auf der Vorderseite vereint die Sprachen Irisch und Latein, die Rückseite ist in englischer Sprache.

Beispiel 5: Pfennig Knuts des Großen (1017-1023) - DRC&M

Bild: dorchesters.com

Knut der Große, der von 955-1035 lebte, war im 11. Jh. Herrscher über ein nordeuropäisches Reich. Er herrschte als König über England, Dänemark und Norwegen und seine Macht erstreckte sich auch über Teile des heutigen Norddeutschlands, Schottlands und Schwedens.

Die Vorderseite des Silberpfennigs (Penny) zeigt das gekrönte Kaupt Knuts im Vierpass. In der Reproduktion ist es etwas schwer erkennbar. Die Inschrift lautet:

CNVT REX ANGLORVM

Knut König von England

Die Rückseite ziert ein Zwillingsfadenkreuz im Vierpass. Die Inschrift (DRENG MO LINC = Dreng in Lincoln) gibt den Münzmeister und den Prägeort wieder.

Beispiel 6: Pfennig Wilhelms des Eroberers (1068-1070) - WRL

Bild: dorchesters.com

Das von Karl dem Großen (s.o.) eingeführte Münzsystem wurde in England sehr lange verwendet. Das Verhältnis von 1 Pfund Stirling (£) = 20 Schillingen = 240 Pennies galt in Großbritannien bis zur Umstellung auf das Dezimalsystem 1971. Auch im Fränkischen und später im Römisch-Deutschen Reich hatten Karls Maß- und Münzreform lange Bestand. Eine einheitliche deutsche Dezimalwährung wurde erst durch die Reichsgründung 1871 eingeführt.

Bei der nebenstehenden Münze handelt es sich um einen Silberpfennig (Penny), der unter der Herrschaft des Normannen Wilhelm dem Bastard - besser bekannt als Willhelm der Eroberer - geprägt wurde. Er regierte England als König (Wilhelm I.) von 1066-1087.

Die Vorderseite zeigt das Proträt Wilhelms in der Frontalansicht. Er trägt eine Krone mit Pendilien. Außerdem trägt er über seinen Schultern einen Umhang, der rechts durch eine Fibel zusammengehalten wird. (Die der Replik beigefügte deutsche Beschreibung des Verlags bezieht sich auf einen anderen Penny.) Die Inschrift lautet:

+PILLEMVS REX

König Wilhelm

Auf der Rückseite ist in der Mitte ein verziertes Kreuz zu erkennen. Die Inschrift (+ELFVI ON OXEFORD) gibt den Namen des Münzmeisters (Elfiv) und des Prägeort (Oxford) an. (Auch hier bezieht sich die beigefügte deutsche Beschreibung des Verlags auf einen anderen Penny.)

Beispiel 7: Pfennig Wilhelm des Eroberers (1083-1086) - DRC&M

Bild: dorchesters.com

Während seiner Regierungszeit ließ Wilhelm I. Pfennige (Pennys) mit unterschiedlichen Motiven prägen. Die meisten dieser Silbermünzen zeigen ihn in der Frontalansicht, was sie von den Darstellungen römischer Kaiser und angelsächischer Könige unterscheidet, die sich im Profil darstellen ließen.
Während der Regierungszeits Wilhelms stieg der Bedarf an Münzgeld in Britannien erheblich an, so dass in 70 Münzstätten seines Reiches Geld hergstellt wurde.

Die nebenstehend abgebildete Münze wird als PAXS-Typ bezeichnet. Sie gehört zu den letzten Münzen, die unter Wiliams Herrschaft, die mit seinem Tad 1087 endete, geprägt wurden. Über die Inschrift wurde in der Forschung kontrovers diskutiert. Im Allgemeinen wird angenommen, dass sie sich auf den durch Wilhelms strenge Herrschaft hergestellten Zustands des Friedens und des Rechts bezieht.

Auf der Vorderseite ist Wilhelm zu erkennen. Er trägt eine Krone mit Pendilien. Außerdem scheint er einen Oberlippenbart zu tragen. Seinen rechten Arm hat er über die Brust gelegt. Er ist in einen Mantel gehüllt, dessen Ärmel durch die Pose erkennbar ist. In der rechten Hand hält er ein Zepter, das über die linke Schulter ragt. Die Inschrift lautet:

+PILLELM REX

König Wilhelm

Auf der Rückseite ist eine Tatzenkreuz zu erkennen, in dessen Winkel Amulette zu erkennen sind. Die Buchstaben auf den Amuletten lauten PAXS. Die Umschrift (+ULF ON LINCOLN) gibt den Namen des Münzmeisters und der Münzstätte wieder.

Beispiel 8: Haller Heller (1. Hälfte 14. Jh.) - MV

Bild: Hager

Der florierende Handel in den Gebieten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation führte zu einer Ausweitung der Geldwirtschaft und einem größeren Bedarf an kleinen Münzen. Ab 1228 wurden in der Stadt Hall (heute Schwäbisch Hall) Halb-Pfennige aus Silber geprägt. In der Folgezeit wurden auch in anderen deutschen Münzstätten Heller geprägt.

Auf der Vorderseite des Haller Hellers ist eine rechte Hand zu erkennen. Dieses Symbol findet sich auch heute noch im Stadtwappen Schwäbisch Halls.

Auf der Rückseite erkennt man - mit etwas Mühe - ein Radkreuz (auf den Originalen besser zu erkennen). Auch das Radkreuz ist heute immernoch ein Teil des Stadtwappens von Schwäbisch Hall.

Genauere Informationen zum Stadtwappen von Schwäbisch Hall findet man auf dieser Internetseite.

Beispiel 9: Goldgulden Karls IV. (1347-1355) - HR

Bild: Ben Dettweiler


Seit 1325 wurden im Königreich Böhmen goldene Münzen hergestellt. 1350 ließ Karl IV. das aus Florenz übernommene Münzbild ändern und sein eigenes Porträt (Brustbild) und das böhmische Wappentier prägen.

Bei diesem Gegenstand handelt es sich um eine erheblich vergrößerte Souvenierreplik. Im Münzrand befindet sich eine Punze (HR). Die Darstellungen auf Vorder- und Rückseite weichen in Teilen vom Original ab.

Die Vorderseite des Goldguldens zeigt Karl IV. mit der Wenzelskrone auf dem Haupt im Krönungsgewand mit Reichszepter in der rechten Hand und Reichsapfel in der erhobenen linken Hand. Er trägt Die Inschrift lautet:

+KAROLVS:DEI:GRACIA

Karl, von Gottes Gnaden

Auf der Rückseite ist ein gekrönter, steigender, doppelschwänziger Löwe zu sehen. Bei dieser Replik erinnert der Kopf des Tieres aber eher an einen Hund. Die Inschrift der Vorderzeite wird hier fortgesetzt:

+ROMANORVM•ET•BOEMIE•REX

Römischer und Bömischer König

 

Maik Hager (2024)